Lyrik maritim
Kehrwieder
noch einmal die Segel hissen
ein letzter Törn
noch einmal Farewell mit der Morgenflut
noch einmal mit der Tide gegen den Strom
gegen die Tide mit dem Strom
noch einmal im Priel den Pricken folgen
noch einmal ankern auf dem Wattenhoch
barfuß gehen auf versinkendem Land
noch einmal ein Muschelschnitt im großen Zeh
noch einmal Labskaus an Bord genießen
und Neptun opfern beim nächtlichen Sturm
noch einmal den Kurs abstecken
noch einmal Daseinssignale in die Nacht senden
mit der blakenden Petroleumlampe
noch einmal den Docht kürzen
noch einmal geborgen liegen im Halligpriel
nicht die Vogeleier zertreten auf dem Weg zur Warft
noch einmal ein Moin und Wo geiht?
noch einmal zum Friedhof der Namenlosen
dem Angespül der See: Sie kehrten nicht wieder
noch einmal ihrer gedenken
Dann heimwärts mit der Abendflut
noch einmal die Segel hissen
ein letzter Törn
noch einmal Farewell mit der Morgenflut
noch einmal mit der Tide gegen den Strom
gegen die Tide mit dem Strom
noch einmal im Priel den Pricken folgen
noch einmal ankern auf dem Wattenhoch
barfuß gehen auf versinkendem Land
noch einmal ein Muschelschnitt im großen Zeh
noch einmal Labskaus an Bord genießen
und Neptun opfern beim nächtlichen Sturm
noch einmal den Kurs abstecken
noch einmal Daseinssignale in die Nacht senden
mit der blakenden Petroleumlampe
noch einmal den Docht kürzen
noch einmal geborgen liegen im Halligpriel
nicht die Vogeleier zertreten auf dem Weg zur Warft
noch einmal ein Moin und Wo geiht?
noch einmal zum Friedhof der Namenlosen
dem Angespül der See: Sie kehrten nicht wieder
noch einmal ihrer gedenken
Dann heimwärts mit der Abendflut
sturmfest
vertäut an deiner Seele
gefesselt von deinem Körper
verstrickt in dein Leben
die Knoten halten auch
bei Beaufort > 10
Blauer Ort
wir suchten
die Blume, die blaue
und fanden
den blauen Ort
54° 9′ 58″ N
8° 44′ 0″ O
Wasser Wasser Wasser
der Anker fiel
der Spiegel sank
das Boot schrapte
über den Grund
nach Stunden gingen wir
auf Schlick und Muscheln
doch die Priele erinnerten
das Meer
unter unseren Füßen
filterte, grub, kroch es
und ein Stern zerknackte
über uns
schwebte ein roter Mond
zum Zenit
wir haben dich gefunden
bis zur nächsten Flut
Blauortsand
Die Bake
Fliegt ein Austernfischer
zur hölzernen Bake
Wie eine Rakete
aus fremden Weiten
ragt sie aus dem Watt
Vergessen steht sie da
seepockenzerfressen
nur die alte Seekarte kennt noch
die Warnerin vor dem
tückischen Treibsand
Oft warnte sie vergebens
Vielleicht war der Wind zu steif
oder die Grogs des Steuermanns
vielleicht war‘s auch nur die mondlose Nacht
oder die Wolken hingen zu tief
Wenn dann der Himmel blaute
am frühen Morgen
und die Ebbe das Meer verschlang
verschlang der Sand das Schiff
gemächlich
mit Mann und Ratte
Lebenskunde
Mit dem Ebbstrom kreuzen wir die Schatzkammer auf
segeln bei raumem Wind durchs Klotzenloch
Unkundige werden dringend gewarnt, das sehr veränderliche Klotzenloch zu befahren
doch wir sind Kundige nicht nur der Priele
Life is constant changing
Anker fallen!
Trockenfall im Watt bis zur nächsten Flut
wir hinterlassen Barfußspuren auf den Rippeln
den Souvenirs der Strömungen
kreuz und quer
hin und her
woher und wohin
das Watt eine Leihgabe des Meeres
bis das Wasser wieder dem Mond nachläuft
Noch einmal schauert leise und schweiget dann der Wind
zitiere ich hoffnungsfroh und vergeblich
er brist auf: Beaufort 5, in Böen 6 – 7
festgekrallt in der Koje
verloren in schuckelnder Dunkelheit
bin ich seekrank statt liebeskrank
und das ermangelt jeglicher Poesie
ich hasse die Seefahrt, das Meer, den Wind
überhaupt das ganze Leben
und dich, du Verführer zum balkenlosen Medium!
Stunde des Grauens vor dem Morgengrauen
bis das Wasser geht, die Sonne kommt
bei Lichte besehen hasse ich dich doch nicht
vor unerschüttertem Horizont berappelt sich
meine erschütterbare Liebe
lädiert nur der Magen
kamillenteereif
wir suchten
die Blume, die blaue
und fanden
den blauen Ort
54° 9′ 58″ N
8° 44′ 0″ O
Wasser Wasser Wasser
der Anker fiel
der Spiegel sank
das Boot schrapte
über den Grund
nach Stunden gingen wir
auf Schlick und Muscheln
doch die Priele erinnerten
das Meer
unter unseren Füßen
filterte, grub, kroch es
und ein Stern zerknackte
über uns
schwebte ein roter Mond
zum Zenit
wir haben dich gefunden
bis zur nächsten Flut
Blauortsand
Die Bake
Fliegt ein Austernfischer
zur hölzernen Bake
Wie eine Rakete
aus fremden Weiten
ragt sie aus dem Watt
Vergessen steht sie da
seepockenzerfressen
nur die alte Seekarte kennt noch
die Warnerin vor dem
tückischen Treibsand
Oft warnte sie vergebens
Vielleicht war der Wind zu steif
oder die Grogs des Steuermanns
vielleicht war‘s auch nur die mondlose Nacht
oder die Wolken hingen zu tief
Wenn dann der Himmel blaute
am frühen Morgen
und die Ebbe das Meer verschlang
verschlang der Sand das Schiff
gemächlich
mit Mann und Ratte
Lebenskunde
Mit dem Ebbstrom kreuzen wir die Schatzkammer auf
segeln bei raumem Wind durchs Klotzenloch
Unkundige werden dringend gewarnt, das sehr veränderliche Klotzenloch zu befahren
doch wir sind Kundige nicht nur der Priele
Life is constant changing
Anker fallen!
Trockenfall im Watt bis zur nächsten Flut
wir hinterlassen Barfußspuren auf den Rippeln
den Souvenirs der Strömungen
kreuz und quer
hin und her
woher und wohin
das Watt eine Leihgabe des Meeres
bis das Wasser wieder dem Mond nachläuft
Noch einmal schauert leise und schweiget dann der Wind
zitiere ich hoffnungsfroh und vergeblich
er brist auf: Beaufort 5, in Böen 6 – 7
festgekrallt in der Koje
verloren in schuckelnder Dunkelheit
bin ich seekrank statt liebeskrank
und das ermangelt jeglicher Poesie
ich hasse die Seefahrt, das Meer, den Wind
überhaupt das ganze Leben
und dich, du Verführer zum balkenlosen Medium!
Stunde des Grauens vor dem Morgengrauen
bis das Wasser geht, die Sonne kommt
bei Lichte besehen hasse ich dich doch nicht
vor unerschüttertem Horizont berappelt sich
meine erschütterbare Liebe
lädiert nur der Magen
kamillenteereif
Die Gedichte "Kehrwieder" und "sturmfest" wurden außerdem veröffentlicht im Kalender 2025 der Hamburger Autorenvereinigung.